Vorgeschichte: Aaron Swartz

Aaron Swartz (1986-2013)

• Gründer oder Mitarbeiter von/bei: RSS (mit 14), Creative Commons (mit 15), RDF/XML, Markdown (!), Infogami/Reddit, SOPA…
• Bekam 2006 den Katalog der LoC frei (legal)
• 2010/2011 am MIT 4,8 Millionen Artikel von JSTOR
• keine Anklage durch JSTOR, Ende 2011 gemeinfreie Teile frei
• weitere Verfolgung durch US-Staatsanwaltschaft wegen Copyright-Verstößen (bis zu 35 Jahre Haft)
• Selbstmord im Januar 2013 (verschiedene Gründe)

Was bedeutet Open Access?

• Unbeschränkter Zugang zu über das Internet zu (wissenschaftlichen) Dokumenten
• Bei elektronischen Publikationen eigentlich kein Thema: hochladen, auffindbar machen, fertig

Vorgeschichte II: Stephen Hawking

• Wahrscheinlich der berühmteste lebende Physiker
• Publiziert über Schwarze Löcher und philosophiert über Gott und die Welt
• Preprint auf http://arxiv.org/

http://phenomena.nationalgeographic.com/2014/02/19/scientists-on-the-loose-my-aaas-talk/

Warum ist Open Access ein Thema?

• Wissenschaftler publizieren in der Regel
  • um ihre Erkenntnisse und Ergebnisse zu teilen
  • nicht um damit Geld zu verdienen
• Verlage publizieren in der Regel
  • weil sie damit besser auskennen
  • um damit Geld zu verdienen
• Zugangsbeschränkungen für kostenpflichtige Inhalte

Unbeschränkter Zugang zu digitalen Dokumenten

• kostenfrei, unwiderruflich, weltweit
• herunterladen, kopieren, drucken, durchsuchen, verlinken…
• Weitergabe von Original, Auszügen & Zusammenfassungen
• je nach Auffassung/Lizenz auch weitere Bearbeitung

…sofern die Urheber angemessen kenntlich gemacht werden.

Rechte & Lizenzen

• Urheberrecht: Wer hat es geschaffen?
• Verwertungsrechte: Wer darf etwas damit anfangen?

Freie Lizenzen, üblicherweise Creative Commons (CC):

Attribution: Namensnennung

ShareAlike (SA): Weitergabe unter gleichen Bedingungen

NoDerivatives (ND): keine Bearbeitungen

NonCommercial (NC): keine kommerziellen Zwecke

…mehr zu Rechten und Lizenzen am 12.5.

Definitionen und (Absichts)erklärungen

Januar 2002: Budapester Open Access Erklärung http://www.budapestopenaccessinitiative.org/translations/german-translation

Frei zugänglich im Internet sollte all jene Literatur sein, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ohne Erwartung, hierfür bezahlt zu werden, veröffentlichen

Oktober 2003: Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen http://openaccess.mpg.de/3515/Berliner_Erklaerung

…zu kopieren, zu nutzen, zu verbreiten, zu übertragen und öffentlich wiederzugeben sowie Bearbeitungen davon zu erstellen und zu verbreiten…

Open Access im engeren Sinne

• Freigabe der Dokumente
• Archivierung auf Dokumentenserver

Somit sichergestellt, dass Dokumente dauerhaft frei genutzt werden können.

Viele warme Worte

Unterzeichner der Berliner Erklärung, u.A.:

• Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI), Deutscher Bibliotheksverband (dbv), Hochschulrektorenkonferenz, Wissenschaftsrat, …

Weitere Positionspapiere und (Absichts)erklärungen: http://open-access.net/de/allgemeines/was_bedeutet_open_access/initiativen_und_positionspapiere/

Mehr als Worte

1991 setzte Paul Ginsparg einen Server für Physik-Preprints auf

http://ArXiV.org

Open Archives / Repositories

• Institutionelle Repositories (Herkunft)
• Fachliche Repositories (Fachgebiet): arXiV, PubMed, RePEc…

http://en.wikipedia.org/wiki/Disciplinary_repository

…mehr zu Repositories am 31.3.

Die Zeitschriftenkrise

In the last 30 years, the prices of scientific journals have been steadily increasing. Between 1975 and 1995, they increased 200%- 300% beyond inflation.¹

• Zeitschriftenmonopole bei großen Verlagen (u.A. Elsevier)
• Orbitante Preiserhöhungen
• Abbestellungen und eingeschränkter Zugriff

Warum nicht einfach nur noch Open Access?

• Kapitalismus abschaffen!

Warum nicht einfach nur noch Open Access?

• Absichtserklärungen sind geduldig
• Kulturelles und Soziales Problem

Mögliche Druckmittel

• Obligatorische Mandate für OA
• Mittelvergabe
• Verlage

Positives Beispiel

• National Institutes of Health (NIH)
• PubMed Central
• maximal 12 Monate nach Erscheinen

Formen von Open Access

Grüner Weg

Open Access-Publikation parallel oder zeitversetzt zur Originalpublikation

Goldener Weg

Open Access direkt beim ersten/eigentlichen Erscheinen

Merkt euch diese beiden Formen für die mündliche Prüfung!

Rechliche Situation

Rechliche Situation

Vor- und Nachteile

• für Leser
• für Autoren
• für Bibliotheken
• für Verlage

Vorteile für Leser und Autoren

Vorteile

• Schnellere und leichtere Verfügbarkeit
• Bessere Auffindbarkeit (Suchmaschinen, Nachweisdienste)
• Breitere und häufigere Nutzung
• Vermehrte Zitierung
• Einfacher und größerer Austausch

Nachteile

• Höhere Transparenz, weniger Papier
• Scheinbarer Qualitätsverlust

Vorteile und Nachteile für Bibliotheken und Verlage

• Geringere Abhängigkeit
• Bedeutungsverlust als Türsteher

Das Bibliothekswesen mit ihren Fachzeitschriften gibt eher kein leuchtendes Vorbild ab (siehe Kurzvortrag am 28.4.)

Hochladen, auffindbar machen, fertig

Archivserver

• Repositorien
• Umfangreiche Open Access-Szene (u.A. OA-Konferenzen)
• Mehr und einflussreichere Zeitschriften (u.A. PLOS)
• DOAJ

Finanzierungsmodelle von Open Access

Veröffentlichung auf Repository

• Repository-Betreiber (Institution, Fachorganisation…)

Veröffentlichung in Fachzeitschrift

• Autor finanziert Zugänglichmachung durch den Verlag selbst
• Finanzierung durch Förderorganisation
• Institutionelle Mitgliedschaft
• Publikationsfonds
• Hybrides Finanzierungsmodell
• Community-Fee-Modell
• Institutionelle Trägerschaft

Schlechte Finanzierungsmodelle von Open Access

• Verlag verlangt
  • OA-Gebühr für einzelne Artikel
  • Abogebühr von Bibliotheken (da nicht alles OA)
• Veröffentlichungsgebühren sind problematisch

Open Access an der HS Hannover

• OA-Erklärung der Bibliothek der Hochschule Hannover

• SerWisS http://serwiss.bib.hs-hannover.de/

Aufgabe: Suche in verschiedenen Quellen (SerWisS, BASE, Google, b2i, INFODATA eDepot…)

Open Data und Freie Inhalte

Open Data

Open Access (incl. Weiternutzung) für beliebige Daten statt herkömmlicher Dokumente

Freie Inhalte

Open Source, Wikimedia u.Ä.

Open Data und Freie Inhalte

• Nicht primär wissenschaftliche Inhalte
• Zunehmend relevant
  • Open Government
  • Open Educational Resources

Open Science und Digital Humanities

• Open Access stark abhängig von Fachdisziplin
• Vor allem Naturwissenschaften (mit Ausnahmen)
• Andere Kultur des Publizierens in den Geisteswissenschaften

Open Science und Digital Humanities

Open Science

Freie oder offene Inhalte in den Sciences

Digital Humanities

Freie oder offene Inhalte in den Humanities

Open Science und Digital Humanities

Eine etwas vereinfachte Definition:

“Open Science” und “Digital Humanities” ist in etwa für die Wissenschaft das was “Digitale Bibliothek” für das Bibliothekswesen ist: eine radikale Veränderung der Rahmenbedingungen.

Zusammenfassung

• Open Access bedeutet freier und unbeschränkter Zugang zu wissenschaftlichen Informationen.
• Traditionelles Publikationswesen nutzt die Möglichkeiten digitaler Verbreitung nicht aus.
• Absichtserklärungen, Mandate & Aktivisten
• Propagierte Lösungen: grüner und goldener Weg
• Open Data, Freie Inhalte, Open Science, Digital Humanities… gehen über Open Access hinaus

Quellennachweise

• Teile der Vortragsfolien basieren auf Einführungsfolien der SUB Göttingen zu Open Access (Ulrike Hermann, Roman Nowak, Andrea Hartung und Dagmar Härter bzw. Sabine Witt und Margo Bargheer) und auf Folien von Christian Hauschke zu Open Access an der HsH.

• Foto von Aaron Swartz: CC-BY Sage Ross, 2009